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... was bei einem defekten Wastegateklappenservo passieren kann
… die TCU-Warnlampen deutet auf einen möglichen Defekt des Wastegateklappenservo hin und was die Folgen sein können.
fangen wir mal ganz vorne an
was die Handbücher zu den TCU-Kontrollampen sagen :
was hat das mit dem Servo zu tun ?
Eingangs steht: Beim Einschalten der Spannungsversorgung erfolgt eine automatische Funktionskontrolle der beiden Lampen.
Was die meisten Piloten auch bemerkt haben müssten ist, dass das Servo eine „Kontrollfahrt“ von Anschlag zu Anschlag durchführt.
Das hört man beim Einschalten der Zündung deutlich.
Tritt hierbei ein Problem mit dem Potentiometer im Servo auf, wird die orange Lampe blinken.
Wird dabei auch festgestellt, dass der bei geschlossener Wastegateklappe benötigte Strom des Servomotors zu hoch ist um es geschlossen zu halten, blinkt ebenfalls die orange Lampe.
Dazu nun ein konkretes Beispiel
Ich wurde von Gustav1) gebeten, mal nach seinem Wastegateklappenservo zu schauen, weil es nach seiner Meinung nicht richtig arbeitete.
Er beschrieb, dass bei seinem gebraucht erworbenen Flieger, den er nach der Übernahme noch nicht geflogen hatte, die orange Kontrolleuchte blinkte und er, wie es im Benutzerhandbuch steht, den Motor so nicht in Betrieb nehmen wollte.
Nach seiner Info und der Aussage des Vorbesitzers, hatte dieser mal einen Startabbruch, weil der Motor „durchging“.
Der Vorbesitzer hatte darauf hin einen Fehler am Servo festgestellt, es zerlegt und „repariert“.
Mir bot sich folgendes Bild:
- der Wastegateklappenzug war richtig eingestellt
- die orange Lampe blinkte
- das Servo führte keine korrekte Kontrollfahrt durch
Ich hatte ein Servo zum Testen mit. Das haben wir angesteckt und es funktionierte einwandfrei.
Nun habe ich erst einmal die Betriebsparameter aus der TCU mit dem alten DOS-Programm ausgelesen und als PDF gespeichert.
Das Ergebnis2) sah so aus:
Die ausgelesen Daten:
- Der Motor hat eine Betriebszeit von 269:02 h3)
- Bei 238:26 h haben wir eine Überdrehzahl von 5957 U/Min
- Bei 238:26 h haben wir einen Überboost von 2366 mbar
Daraus können wir folgendes schließen:
Das Ereignis trat vor 30:76 h auf.
Die Wastegateklappe war nicht den vorgegebenen Parametern entsprechen weit genug geöffnet, sodass wir einen Überboost von 2366 mbar hatten.
Gleichzeitig ist entweder die Rutschkupplung durchgerutscht oder hat aufgrund der hohen Leistung der Motor bis auf 5957 U/Min hochgedreht.
Letzteres erfordert noch keine Maßnahme - diese Drehzahl macht dem Motor nichts aus.
Besorgniserregend ist hingegen der Überboost.
Erfahrungsgemäß wird ein Ladedruck von über 1800 mbar für den Pressverband der Kurbelwelle gefährlich.
Diese kann sich dann verdrehen oder längen.
Längt sich die Kurbelwelle, schleifen die Kurbelwangen im Bereich der Hauptlager an den Wänden des Kurbelgehäuses, was zur Folge hat, dass die KW blockiert oder schwergängig ist.
Die Überprüfung der Kurbelwelle
Wir überprüften nun die Verdrehung der Kurbelwelle nach Chapter 72-00-00 CRANKSHAFT DISTORTION INSPECTION des Rotax Maintenance Manual Heavy 912/914 Edition 2 Revision 0, vom 28.10.2022, und stellen folgendes fest:
Kolben an den Kolbenstopper bei Zylinder 1 gedreht und die Gradscheibe auf 0° gestellt.
Kolben an den Kolbenstopper bei Zylinder 2 gedreht und die die Position an der Gradscheibe abgelesen.
Hier sieht man ganz deutlich, dass die Kurbelwelle zwischen den beiden gemessenen Zylindern, in diesem Fall zwischen Zylinder 1 und 2, um ca. 6° verdreht ist. Bei den Zylindern 3 und 4 lag der Messwert ebenfalls bei 6°.
Daraus folgt, dass die Kurbelwelle ausschließlich zwischen den Zylindern 1 und 2 verdreht ist.
Bei Zylinder 1 eilt also der Kolben um 6° vor.
Wie man sich vorstellen kann, ein harter Schlag in Gustav's Gesicht - die Kurbelwelle muss erneuert werden.
… wie die Geschichte weiter geht, erzähle ich möglicherweise später.